"Die Auseinandersetzung um Migration und Integration, um Flüchtlings- und Asylpolitik ist angesichts des neuen Zuwanderungshochs wieder in vollem Gange. Gleichzeitig aber gibt es keine europäische Asylpolitik, sind die Außengrenzen der EU löchrig, geht die Bundesregierung von überzogenen Zahlen für die qualifizierte Einwanderung aus, werden die Alarmrufe der Städte und Kommunen kleingeredet, wächst das Unbehagen von immer größeren Teilen der Bevölkerung. Die Autoren und Autorinnen dieses Bandes zeichnen die aktuellen Entwicklungen im Asylsystem, beim Thema Fachkräftezuwanderung oder bei der Versorgung von Flüchtlingen nach. Sie plädieren für eine realistische Perspektive, damit die humanitären Notwendigkeiten und die positiven Effekte von Zuwanderung ebenso wie die Belastungen und Gefährdungen für die Gesellschaft benannt und diskutiert werden können.
Inhalt
ALEXANDER MARGUIER: Krise der Migration – Krise der Berichterstattung
THOMAS MAYER: Das Dilemma der Asylpolitik. Das Herz ist weit, doch die Mittel sind begrenzt
VOLKER RESING: Die unheimliche Zeitenwende. Wie die Migrationspolitik der Ampel von der Realität
eingeholt wurde
Ein Gespräch mit Ruud Koopmans: 'Das derzeitige europäische Asylsystem ist unmoralisch.'
DANIEL STELTER: Funktioniert Fachkräftezuwanderung? Deutschland braucht einen radikalen Kurswechsel
BORIS PALMER: Erschöpfte Ressourcen. Die aktuelle Flüchtlingspolitik aus kommunaler Sicht
MATHIAS BRODKORB: Die Selbsterdrosselung des Staates. Was Deutschland von ukrainischen Flüchtlingen über seinen bürokratischen Wahnsinn lernen kann
AHMAD MANSOUR: Integration ist mehr als Sprache plus Arbeit minus Kriminalität
ILGIN SEREN EVISEN: Die Unterlassungssünden deutscher Migrationspolitik. Das Beispiel der türkischen Einwanderung
BEN KRISCHKE: Überall Rassisten. Wie die Diskussionsunkultur zur Flüchtlingskrise bis heute die Migrationsdebatte prägt"
"Das europäische Asyl-System ist zum Lotteriespiel geworden: Geographische Lage, Geld, Fitness und Glück auf dem gefährlichen Land- und Seeweg bestimmen, wer es an die Grenze schafft, Asyl beantragen und einwandern kann. Ruud Koopmans zeigt, dass wir so nicht den Hilfsbedürftigsten helfen und uns zahlreiche Probleme bei der Integration einhandeln. Seine schonungslose Bilanz endet mit einem bestechenden Vorschlag, wie es auch anders ginge–wenn wir nur den Mut dazu haben.
Politisch Verfolgte genießen Asylrecht, heißt es im Grundgesetz. Ein schöner Satz, um den sich immer mehr Einschränkungen und Verordnungen ranken. Das Regelungswirrwarr ist Symptom einer fehlgeleiteten Flüchtlingspolitik, die es honoriert, wenn man sich an Europas Grenzen durchschlägt. Wer es nicht schafft, hat das Nachsehen. Europa tut sich mit diesem System aber auch selbst keinen Gefallen. Ruud Koopmans beschreibt an konkreten Fällen und anhand von statistischen Daten, warum die bisherige Regelung die Integration erschwert, die innere Sicherheit bedroht, den Rechtspopulismus stärkt, Europa spaltet und abhängig macht von Autokraten, die ihre Grenzen zu Europa je nach Gusto öffnen oder schließen. Die sogenannte Flüchtlingskrise von 2015 erweist sich als hausgemachte Krise der Asylpolitik. Die luzide, auf mehrjähriger Forschung basierende Bilanz schließt mit einem pragmatischen Vorschlag, wie wir durch großzügige humanitäre Aufnahmen in Kombination mit einer Eindämmung der irregulären Einwanderung die Kontrolle zurückgewinnen können–damit die Asylpolitik kein lebensgefährliches Lotteriespiel bleibt."